Das Rhein-Main-Exegesetreffen trauert um Prof. Dr. Erhard S. Gerstenberger (*20. Juni 1932 – †15. April 2023). Er war viele Jahre Mitglied des Teilnehmerkreises und hat das Treffen mit Vorträgen und Gesprächen erheblich bereichert. Als Kollege hat er in Forschung und Lehre wesentliche Beiträge zur alttestamentlichen Wissenschaft und zur Altorientalistik geleistet.
Nach dem Studium der Evangelischen Theologie in Marburg, Tübingen, Bonn und Wuppertal wurde er 1961 an der Universität Bonn mit einer Arbeit über Wesen und Herkunft des apodiktischen Rechts promoviert. 1969-1970 habilitierte er sich in Heidelberg. 1975-1981 war Erhard Gerstenberger Dozent für Altes Testament an der Theologischen Hochschule in São Leopoldo (Brasilien). Von 1981 bis 1997 forschte und lehrte er als Professor an der Philipps-Universität Marburg.
Erhard Gerstenberger war ein ausgewiesener Experte für alttestamentliche Literatur und Theologie und hat zahlreiche wegweisende Arbeiten in diesem Bereich veröffentlicht. Bekannt und geschätzt sind seine Untersuchungen zu den Psalmen und zum Buch Levitikus. Von seiner Zeit in Brasilien her strebte er nach einer Integration der Theologie der Befreiung in die alttestamentliche Wissenschaft und Lehre. Zudem war ihm die Altorientalistik immer ein Anliegen. Noch in hohem Alter verfasste er eine zweite Doktorarbeit in diesem Fach und publizierte sie unter dem Titel “Theologie des Lobens in sumerischen Hymnen: Zur Ideengeschichte der Eulogie” (ORA 28, Tübingen: Mohr Siebeck, 2018). Erhard S. Gerstenberger überzeugte durch seine große fachliche Kompetenz und durch seine mitreißende Freundlichkeit und seine Begeisterung. Das RME wird ihm ein ehrendes Gedenken bewahren.